Gartner Report "Magic Quadrant for CSPs"

Was sagt der Report aus? Eine Analyse.

Es gibt zahlreiche Reports und Analysen von verschiedenen Marktforschungs-Unternehmen wie Gartner, Forrester, Nucleus und Co. In diesem ShortCut nehmen wir uns den Gartner Report „Magic Quadrant for Content Services Platforms“, der am 18. Oktober 2021 veröffentlicht wurde, vor und schauen uns an, welche Kriterien sich das Analystenhaus für den Report vornimmt und was die Einstufungen der Anbieter als Nischen-Player, Challenger, Visionär und Leader bedeuten.

Wer ist Gartner?

Das Unternehmen Gartner wurde 1979 gegründet und ist ein Forschungs- und Beratungsunternehmen mit Sitz in Stamford, Connecticut. Es forscht im technologischen Bereich und gibt seine Erkenntnisse in Form von Beratung und Konferenzen für Führungskräfte weiter. Gartner hat über 16.000 MitarbeiterInnen in über 90 Niederlassungen weltweit und ist im Aktienindex S&P 500 gelistet.

Was sind Content Services Platforms (CSPs)?

Content Services Platforms (CSPs) sind Cloud-basierte Software as a Service (SaaS) und werden von Unternehmen in den operativen Geschäftsbereichen eingesetzt. Die Nutzenden können in CSPs Inhalte erstellen, finden, teilen und gemeinsam an ihnen arbeiten. Die Plattformen erleichtern den unternehmensweiten Zugriff auf Informationen, Daten und Dokumente, verwahren diese sicher auch für lange Zeit und lassen sich in bestehende Geschäftsanwendungen integrieren. Einfach gesagt ist der Begriff CSP die Weiterentwicklung des Begriffs der Enterprise-Content-Management-Systeme (ECM).

Was untersucht der Gartner Report?

Der Gartner Report „Magic Quadrant for CSPs“ betrachtet Anbieter und ihre Plattformen anhand verschiedener Eigenschaften und Funktionen, und bietet Unternehmen, die sich mit der Einführung einer Content-Services-Plattform befassen, eine Basis für die Auswahl einer geeigneten Lösung. Dabei vergeben die AnalystInnen für die Eigenschaften und Funktionen Punkte, die sie nach einer vorab festgelegten Gewichtung summieren. Entsprechend der Punktzahl werden die Anbieter in den Quadranten platziert. Bei dem Vergleich der Plattformen will Gartner auch Trends am Markt aufzeigen.

Folgende Funktionen müssen die Anwendungen vorweisen, um im Gartner Report aufzutauchen:

Kernfunktionen:

  • Speicher: Die Plattform kann Millionen Objekte verschiedener Formate und die zugehörigen Metadaten speichern.
  • Services rund um die Inhalte: Auf der Plattform können neue Inhalte erstellt und bereits bestehende hochgeladen werden, die mit einer Versionierung versehen werden. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, Vorlagen für Dokumente zu nutzen.
  • Aktenverwaltung: Aufbewahrungsrichtlinien können erstellt, verwaltet und automatisiert werden und die Inhalte können nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist automatisch gelöscht werden.
  • Prozessautomatisierung und Anwendungsentwicklung
  • Offene APIs: Es gibt eine REST API für KundInnen mit Zugriff auf mindestens 70% der Funktionen.
  • Sicherheits- und Datenschutzfunktionen: Es sind granulare Zugriffsrechte für das Erstellen, Lesen, Bearbeiten, Löschen und Herunterladen von Inhalten vorhanden.
  • Metadaten: Die Plattform unterstützt Metadatenmodelle für bestimmte Inhaltstypen, verschiedene Arten (Text, Zahl, Datum, boolesche Werte).
  • Suche: Die Volltextsuche durchsucht auch die Metadaten.
  • Zusammenarbeit: Das Teilen von Inhalten ist intern und extern möglich. Dabei können Nutzende Kommentare hinterlassen.
  • Administration: Es gibt eine einheitliche Verwaltungskonsole und das Single-Sign-On wird unterstützt.
  • Berichterstattung
  • Mobile Verfügbarkeit: Es gibt einen mobilen Client auf iOS und Android mit Zugriff auf mindestens die Basic-Dokumentenmanagement-Funktionen.

Folgende Funktionen sind optional:

  • Intelligente Services rund um die Inhalte
  • Konnektoren
  • Integration in andere Anwendungen
  • Bereitstellung als PaaS/SaaS

Nach welchen Kriterien werden die AnbieterInnen bewertet?

Die AnalystInnen von Gartner analysieren die AnbieterInnen der Plattformen nach Faktoren zur Wirksamkeit der Prozesse und Methoden, die eine wettbewerbsfähige, effiziente und effektive Leistung der Anwendung ermöglichen. Zusätzlich bewerten sie die AnbieterInnen danach, inwiefern sie ihre Vision umsetzen können, und die Fähigkeit besitzen, Umsatz, KundInnenbindung und Reputation positiv zu beeinflussen.

Die Bewertung der Vision ist eine subjektive Beobachtung. Sie lässt sich nur schwer anhand von Daten durchführen. Daher ist sie von der Sicht der AnalystInnen auf den Markt geprägt.

Nachfolgend sind die Bewertungskriterien aufgelistet. In den Klammern hinter dem jeweiligen Bewertungskriterium steht die Gewichtung, mit der das Kriterium in die Gesamtbewertung einfließt.

Kriterien „Ability to Execute“ (Umsetzungsfähigkeit): Fasst Faktoren zur finanziellen Situation, Marktreaktionsfähigkeit, Produktentwicklung, Vertriebskanäle und KundInnenstamm zusammen.

  • Produkt oder Service (hoch)
  • Sichtbarkeit (hoch)
  • Reaktion auf dem Markt (hoch)
  • KundInnenerlebnis (hoch)
  • Verkaufsabwicklung und Preis (mittel)
  • Marketing (mittel)
  • Operatives Geschäft (mittel)

Kriterien „Completeness of Vision“ (Vollständigkeit der Vision): Spiegelt die Innovation der AnbieterInnen wider und ob sie selbst die Trends am Markt vorantreiben oder ihnen folgen.

  • Marktverständnis (hoch)
  • Strategie zum Angebot/Produkt (hoch)
  • Innovation (hoch)
  • Geschäftsmodell (mittel)
  • Positionierung in der Branche/Industrie (mittel)
  • Geografische Positionierung/Strategie (mittel)
  • Marketing-Strategie (gering)
  • Sales-Strategie (gering)

Was bedeuten die Quadranten?

Leader

Die Einordnung als „Leader“ bedeutet, dass das Unternehmen die Positionierung und Vision an das Verständnis von Gartner der grundlegenden Vision von Content-Services ausrichtet und dass die Implementierung der Anwendung diese Vision auch erfüllt. Anbieter im Leader-Quadranten haben eine hohe Punktzahl aufgrund ihrer Umsetzungsfähigkeit und die Vollständigkeit ihrer Vision.

Leader haben in einem festgelegten Zeitraum die meisten Angebote erstellt und können die höchste Erfolgsquote bei der Gewinnung neuer Aufträge aufweisen. Sie verfügen über einen großen weltweiten Marktanteil, starke PartnerInnen, finanzielles Wachstum, ein breites Anwendungsspektrum und einen guten Support und können aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit und Marketing- und Vertriebsfähigkeiten neue Technologien am Markt vorantreiben. Die Anwendungen decken alle Kernfunktionen und auch optionale Funktionen und viele Anwendungsfälle ab. Die Anbieter zeigen ein klares Verständnis für die Bedürfnisse am Markt und sind Innovatoren und Vordenker.

Challenger

Die Funktionen der Anwendung der Challenger haben im Großen und Ganzen das Niveau wie die der Leader und können auch ein oder mehrere bessere Standardfunktionen haben. Unternehmen, die im Challenger-Quadranten auftauchen, haben ebenfalls eine gute Marktpräsenz – ihre Vision passt jedoch nicht so gut zu Gartners Einschätzungen der Vision des perfekten CSP. Meistens schneiden sie im Bereich Innovation weniger gut ab oder haben kein großes Verständnis für Trends am Markt. Darüber hinaus kann es sein, dass Challenger in bestimmten Branchen und Regionen nicht präsent sind und ihr Angebot nicht so klar differenzieren.

Anbieter im Challenger-Quadranten verfügen jedoch über starke Produkte sowie eine glaubwürdige Marktposition und Ressourcen, um ein kontinuierliches Wachstum aufrechtzuerhalten. Der finanzielle Stand ist gut, aber sie sind noch nicht so gut entwickelt wie die Leader.

Visionäre

Visionäre haben ähnlich wie Leader moderne und innovative Angebote und setzen die Kernfunktionen gut um. Ihre Anwendungen haben in der Regel ein breites Nutzungsspektrum in mehreren Branchen und Regionen. Jedoch liegen sie in einigen Kriterien aus dem Bereich „Ability to Execute“ zurück. Im Allgemeinen sind sie kleinere Unternehmen mit eingeschränkteren Vertriebskanälen, geringeren Marktanteilen und weniger starken Partnernetzwerken. Visionäre verstehen, wohin sich der Markt entwickelt, setzen dies aber noch nicht auf dem Niveau der Leader um.

Anbieter im Visionär-Quadranten liefern innovative Produkte, die betrieblich wichtige Probleme von ihren KundInnen angehen, haben aber noch keine großen Marktanteile.

Nischen-Player

Nischen-Player haben im Vergleich zu den Leadern noch Potential in den Bereichen „Ability to Execute“ und „Completeness of Vision“ und konzentrieren sich typischerweise auf ein bestimmtes Markt-Segment. Sie eignen sich sehr gut für Unternehmen in spezifischen Nischen wie bestimmten Branchen, bestimmte Unternehmensgrößen (beispielsweise kleine und mittlere Unternehmen) oder bei abteilungsspezifischen Bereitstellungen.

Anbieter im Nischen-Player-Quadranten können auch größere Anbieter sein, die Schwierigkeiten haben, ihre Vision zu entwickeln und umzusetzen. Oder sie verfügen über eine starke geografische Präsenz und das Produkt über starke Funktionalitäten, haben jedoch noch keine durchdachte strategische Ausrichtung.

Welche Unternehmen wurden 2021 analysiert?

Gartner Magic Quadrant CSPs

Die Entscheidung darüber, welche Anbieter in den Report aufgenommen werden, sind nach Angaben von Gartner abhängig von der Internationalität des Unternehmens und dem Umfang der Funktionen, die die Anwendung anbietet. Folgende Kriterien sind ausschlaggebend:

  • Angebot: Das Unternehmen muss eine Content Service Plattform aktiv am Markt anbieten.
  • Gewinn: Das Unternehmen muss im Jahr 2020 mindestens 20 Millionen Dollar Gewinn durch den Verkauf seiner CSP gemacht haben oder ein Gewinn-Wachstum von mindestens 25% von 2019 auf 2020 und mindestens 10 Millionen Dollar Gewinn durch den Verkauf seiner CSP im Jahr 2020 aufweisen können.
  • Anzahl Nutzende: Am 01. Mai 2020 musste die CSP mindestens 200.000 aktive und bezahlte NutzerInnen haben.
  • Anzahl Installationen: Die Gesamtanzahl an KundInnen mit aktiven Installationen muss mindestens 500 betragen, von denen mindestens 50 mehr als 500 Mitarbeitende haben.
  • Geografie: Das Unternehmen muss mindestens in drei der von Gartner als „Major Region“ eingestuften Regionen präsent sein. Diese Regionen sind Nord-Amerika, Europa, Mittlerer Osten & Afrika, Asien / Pazifik und Lateinamerika.
  • Internationale Ausrichtung: Die CSP muss ein internationales Framework beinhalten und den Nutzenden ermöglichen, die Anwendung in mindestens drei verschiedenen Sprachen zu verwenden.
  • Präsenz als Plattform: Die Anwendung muss verschiedene Anwendungsfälle abdecken.
  • SaaS/PaaS Angebot: Das Unternehmen muss die CSP als SaaS/PaaS Version mit mindestens 1.000 aktiven NutzerInnen vorweisen können.
  • Durchsetzungskraft am Markt: Der Anbieter muss seine CSP zwischen Mai 2020 und Mai 2021 an mindestens 10 neue KundInnen verkauft und dort erfolgreich implementiert haben.

Kritik

Der Report verleitet dazu, sich lediglich auf die Leader zu konzentrieren. Doch die Leader bieten nicht für jeden Anwendungsfall die beste Lösung, weshalb Unternehmen auch die anderen analysierten Anwendungen in Betracht ziehen sollten. Gartner legt zum Beispiel viel Wert auf die Internationalität des Anbieters, was nicht für jedes Unternehmen und jeden Anwendungsfall relevant ist.

Auch bei der Analyse der Vision und der Umsetzung dieser ist Vorsicht geboten, da sie sich an dem Verständnis der AnalystInnen der perfekten Vision eines Anbieters für Content Service Platforms orientiert. Wie bereits erwähnt lässt sich solch eine Bewertung nicht objektiv vornehmen. Die Bewertungskriterien der Vision sind nicht transparent dargelegt und sind deshalb auch schwer nachvollziehbar.

Eine Empfehlung hierzu kommt vom ECMguide, der schreibt: „Der genauen Platzierung im Magic Quadrant sollten Leser[Innen] nicht unbedingt allzu viel Bedeutung schenken, sondern mehr dem, was das Unternehmen zu den einzelnen Herstellern und Lösungen schreibt.“ (Quelle: Vierter Magic Quadrant für Content Services Platforms, die digitale Inhalte managen – ECMguide.de)

Massive Kritik kam vom Softwareanbieter ZL Technologies, der am 29. Mai 2009 eine Klage gegen Gartner einreichte. In dieser klagte er die Legitimität des Magic Quadranten an. Gartner wies die Klage jedoch ab und behauptete, dass die Berichte „reine Meinungen“ enthalten. Das Gericht wies den Fall zurück, was auch im Berufungsverfahren bestätigt wurde. Somit wurde rechtlich festgehalten, dass die Berichte nicht objektiv sind.

Ergebnis

Ergebnis:

Berichte von AnalystInnen wie Gartner bieten Unternehmen, die auf der Suche nach einer für sie passenden Lösung für das Content Management sind, einen guten Überblick über die analysierten Anwendungen. Jedoch bilden die Berichte keinen neutralen Blick auf den Markt ab, da die Bewertung einiger Kriterien auf der Meinung des jeweiligen Analystenhauses basiert, und kein vollständig neutrales Bild bieten kann. Statt sich nur auf die Platzierung in den Quadranten zu verlassen, sollten Unternehmen sich auf die genaue Analyse der Anwendungen mit ihren Stärken und Schwächen konzentrieren.

Wir sind der Meinung: Neben den in den Berichten der Marktforschenden untersuchten Anwendungen gibt es viele weitere Lösungen, auf die sich bei der Suche nach einer CSP ein Blick durchaus lohnt!

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