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„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ – dieses Sprichwort ist uns allen sicherlich schon mal über den Weg gelaufen. Besonders in der heutigen Zeit, in der der Arbeitsmarkt von Schlagworten wie New Work dominiert wird, gibt es Bereiche, wie das Arbeiten im Homeoffice, bei denen dieser Satz das ein oder andere Mal fällt. Im Bereich rund um Vertrauen und Kontrolle spalten sich die Meinungen auf dem Arbeitsmarkt sehr – so auch beim Thema Arbeitszeiterfassung.
Auch wir beschäftigen uns mit der Thematik und stellen uns die Frage: Ist die Arbeitszeiterfassung ein Rückschritt voller Einschränkungen oder doch eine bewährte Praktik, die etabliert werden sollte?
Wir beantworten diese Frage, indem wir uns die Grundlagen der Arbeitszeiterfassung ansehen und sowohl Vor- als auch Nachteile für alle betroffenen Parteien sammeln. Los geht’s!
Zuallererst: Was ist überhaupt Arbeitszeiterfassung? Als Arbeitszeiterfassung wird das Vorgehen bezeichnet, bei dem die Arbeitszeiten der Mitarbeitenden transparent und nachvollziehbar erfasst werden. Während die Rahmenbedingungen für die Arbeit im Allgemeinen, wie z.B. das Einhalten von Ruhezeiten, Pausen und einer Höchstarbeitszeit, durch das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geregelt werden, dient das Arbeitszeiterfassungsgesetz – wie der Name bereits vermuten lässt – der Regulierung der Arbeitszeiterfassung. Es wird festgelegt, wer seine/ihre Arbeitszeit in welchem Rahmen und auf welche Art und Weise dokumentieren muss. Seit dem neuesten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 muss jede/r ihre/seine Arbeitszeit systematisch erfassen.
Ausnahme: Es gibt für die spezifische Berufsgruppen und Branche ein gerichtliches Urteil, das etwas anderes festlegt. Die Tagesschau schreibt beispielsweise, dass „geringfügig Beschäftigte [ihre Arbeitszeiten] nach dem Mindestlohngesetz […] aufzeichnen“.
Es gibt noch keine genauen Angaben, wie Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden in Zukunft erfassen sollen. Grundsätzlich gilt, dass Beginn und Ende der Arbeitszeit dokumentiert werden müssen.
Manche Unternehmen und Organisationen vertiefen diese Vorgehensweise aber schon, indem sie die projektbezogenen Arbeitsstunden erfassen, sodass am Ende sichtbar ist, wer wie lange an welchem Projekt gearbeitet hat. Das ist vor allem dann notwendig, wenn Unternehmen ihre Leistungen beispielsweise KundInnen in Rechnung stellen.
ArbeitgeberInnen haben dabei die Wahl: handschriftlich oder elektronisch. Natürlich ist es viel effizienter, statt dem klassischen Stundenzettel eine elektronische Lösung einzusetzen. Das ist nicht schwer, denn an Angeboten für Anwendungen in diesem Bereich mangelt es nicht.
Achtung: Unternehmen sollten jetzt auf keinen Fall damit anfangen, die Arbeitszeiten in langen Excel-Listen zu dokumentieren. Stattdessen sollten sie die Gelegenheit nutzen und direkt nach einer effizienteren Alternative suchen.
Laut dem Gesetz ist das primäre Ziel der Arbeitszeiterfassung der Schutz der ArbeitnehmerInnen – zumindest liest man genau das am häufigsten, wenn man sich die Berichterstattung genauer anschaut. In der Theorie gibt es aber noch weitere Vorteile:
Erfassung der Mehrarbeit
Mit der neuen Regelung, die Arbeitszeit transparent und nachvollziehbar dokumentieren zu müssen, ist gewährleistet, dass alle geleisteten Überstunden anerkannt und dementsprechend ausbezahlt oder „abgefeiert“ werden können, sofern das laut Arbeitsvertrag vorgesehen ist.
Einhaltung der Pausen und Ruhezeiten
Arbeitnehmende haben zu jeder Zeit den Überblick! Wie viel Pause muss ich noch nehmen? Halte ich eigentlich die gesetzlich vorgegebenen Ruhezeiten ein? Durch die Arbeitszeiterfassung sollten diese Fragen nicht mehr aufkommen.
Auch aus der Sicht der ArbeitgeberInnen kann dieser Punkt für Erleichterung sorgen, denn beim Anfertigen der Einsatzplanung, bzw. dem Einplanen der Arbeitsstunden, ist es so viel einfacher auf alle rechtlichen Vorgaben zu achten – was übrigens auch aus versicherungstechnischen Gründen sehr wichtig ist!
Optimierung der Arbeit
Im Großen und Ganzen könnte die Arbeitszeiterfassung für alle eine Arbeitsentlastung sein – sofern sie mit einem effizienten digitalen Tool abgewickelt wird. Greifen Unternehmen stattdessen zu Zettel und Stift, stehen schon die nächsten Probleme bereit: Müssen die Informationen abgetippt werden? Reicht es, den Stundenzettel am Ende des Monats einzuscannen? Und was mache ich, wenn ich im Homeoffice bin, mein Zettel aber im Büro liegt?
Die Personalverantwortlichen können mit einer digitalen Arbeitszeiterfassungssoftware viel Zeit und Arbeit bei der Lohnbuchabrechnung sparen und müssen zum anderen nicht immer wieder Fragen der Mitarbeitenden wie „Wie viele Urlaubstage habe ich eigentlich noch?“ oder „Habe ich in den letzten Monaten Überstunden gemacht?“ beantworten, sodass sie sich wieder auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren können. Aber auch bei der Projektabrechnung kann durchaus einiges an Zeit eingespart werden, denn wo normalerweise lange Listen manuell erstellt und geprüft werden müssen, sind sie digital nun per Knopfdruck verfügbar.
Die Zeitersparnis sollte ebenfalls für ArbeitnehmerInnen gelten, denn die haben nun die Möglichkeit, sich endlich richtig mit ihrer Arbeit auseinanderzusetzen. Merken sie, dass sie übermäßig viele Überstunden anhäufen, sollten sie sich Gedanken über Prozessoptimierungen (z.B. durch die Einführung weiterer digitaler Lösungen) Gedanken machen. Außerdem können sie endlich im Blick behalten, ob ihre Arbeitszeit wirklich fair und wahrheitsgemäß dokumentiert und abgerechnet wird – wenn sie stundenweise bezahlt werden.
In der Theorie klingt das alles ganz wunderbar. Ob und inwiefern diese Vorteile jedoch in einem Unternehmen ankommen, hängt natürlich voll und ganz davon ab, wie die/der ArbeitgeberIn die Maßnahme der Arbeitszeiterfassung im eigenen Unternehmen umsetzt.
Und damit sind wir schon bei der Schattenseite der Arbeitszeiterfassung angekommen.
Der größte Kritikpunkt ist vermutlich der Vertrauensverlust. Ab dem Moment, in dem Vertrauensarbeitszeit durch transparente und detaillierte Dokumentation abgelöst wird, kommen Zweifel auf – vor allem auf der Seite der Arbeitnehmenden.
Die Vertrauensarbeitszeit ist ein Arbeitszeitmodell voller Flexibilität, bei dem die/der ArbeitgeberIn darauf verzichtet, genaue Arbeitszeiten vorzugeben und die Einhaltung dieser zu überprüfen. Vielmehr zählt hier das Erreichen der vereinbarten Arbeitsziele. Diese Vorgehensweise ist natürlich nicht für jedes Unternehmen oder jede Branche geeignet, findet in Zeiten von New Work & Co. jedoch einen großen Zuspruch.
Die Arbeitszeiterfassung kann dafür sorgen, dass Mitarbeitende sich bei der Arbeit überwacht fühlen. Das kann wiederum dazu führen, dass sich die Arbeitsatmosphäre verschlechtert und besonders die Beziehung zwischen MitarbeiterInnen und Führungskräften leidet. Der Druck, sich genauestens an die vorgegebenen Zeiten zu halten, steigt und im Gegensatz dazu kann die Motivation auf den Tiefpunkt sinken, denn nicht alle lieben es unter stetigem Zeitdruck arbeiten zu müssen. 😉
Außerdem kann es dazu kommen, dass der Leistungsdruck steigt, denn durch das Auseinandersetzen mit den genauen Arbeitszeiten, beziehungsweise bei der projektbezogenen Arbeitszeiterfassung mit den genauen Projektarbeitszeiten, ändert sich die Einstellung zur eigenen Arbeit. Aus zielorientiert wird leistungsorientiert und das kann wiederum zu einem Qualitätsverlust der Arbeit, Leistungsdruck und schlechter Laune führen.
Für Arbeitgebende ist genau das ein Problem. Denn orientieren sich die Mitarbeitenden nur noch nach der Arbeitszeit und schalten pünktlich zum Feierabend den Rechner aus, kann das einiges an Produktivität und damit auch einiges an Leistung kosten.
Die Arbeitszeiterfassung bringt wenige Vorteile aber einige Herausforderungen und Nachteile mit sich. Uns wundert es nicht, dass die jüngsten Veränderungen auf einige kritische Stimmen gestoßen sind. Und besonders weil es uns alle betrifft und es so viele verschiedene Meinungen zu dem Thema gibt, sind wir gespannt, wie sich die Arbeitszeiterfassung in Zukunft entwickeln wird.
Wir sind auf jeden Fall der Meinung, dass es auch einen guten Mittelweg gibt: die Kombination aus Arbeitszeiterfassung und Vertrauensarbeitszeit ist trotz der vielen Regularien und SkeptikerInnen nicht unmöglich. An alle ArbeitgeberInnen: Finden Sie einen Kompromiss, bei dem Ihre Mitarbeitenden genug Freiraum haben, um ihre Arbeit so effizient wie möglich erledigen zu können, Sie aber gleichzeitig alle rechtlichen Vorgaben erfüllen können.
Und ganz zum Schluss noch etwas, was wir alle nicht vergessen dürfen: Die digitale Arbeitszeiterfassung ist der perfekte Anlass, mit der Digitalisierung und Automatisierung der internen Prozesse zu beginnen, beziehungsweiter fortzufahren. Sehen wir das beste in den Veränderungen und achten darauf, unsere Unternehmen so effizient wie möglich zu führen, ohne unsere Mitarbeitenden dabei auf der Strecke zu lassen!
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